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Verfasser [Vorname] | Titel | Sprache | Erscheinung | Kennung | letzte Änderung | Ansicht |
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N. N. 26 | Tredecim tiliae, cantus primus | Latein | 1890 ? | Arg-1169-114 | 2012-04-02 22:23 mgr | nur diese hinzufügen |
Friedrich Wilhelm Weber | * Dreizehnlinden, Kapitel 1, Aus dem Nethegau | Deutsch | Arg-227-114 | 2014-04-18 18:36 Manfred | nur diese entfernen | |
Manfredo Ratislavo | Dektritilio, ĉapitro 1, El la distrikto de la Neto | Esperanto | Arg-228-114 | 2014-04-18 18:28 Manfred | nur diese hinzufügen |
Friedrich Wilhelm Weber, |
1 Wonnig ist’s, in Frühlingstagen |
Nach dem Wanderstab zu greifen |
Und, den Blumenstrauß am Hute, |
Gottes Garten zu durchstreifen. |
2 Oben ziehn die weißen Wolken, |
Unten gehn die blauen Bäche, |
Schön in neuen Kleidern prangen |
Waldeshöh’ und Wiesenfläche. |
3 Auf die Bleiche bringt das Mädchen, |
Was der Winterfleiß gesponnen, |
Und dem Hain erzählt die Amsel, |
Was im Schnee sie still ersonnen. |
4 Sind es auch die alten Töne, |
Die bekannten, längst vertrauten, |
Doch die Bleicherinnen lauschen |
Gern den süßen, lieben Lauten. |
5 Gern den süßen, lieben Lauten, |
Die in Berg und Tal erklingen; |
Hirtenbub’ und Köhlerknabe |
Horchen auf um mitzusingen; |
6 Mitzusingen frisch und freudig |
Nach des Winters langen Schmerzen; |
All die halbvergeßnen Lieder |
Werden wach im Menschenherzen. |
7 Halbvergeßne alte Lieder |
Werden wach in meiner Seele: |
Hätt’ ich nur, sie auszusingen, |
Wilde Amsel, deine Kehle! - |
8 Was die Linde mir erzählte, |
Was der Eichengipfel rauschte, |
Wenn ich abends ihrer Blätter |
Heimlichen Gesprächen lauschte; |
9 Was die muntern Bäche schwatzten |
Hastig im Bergunterrennen, |
Wilde Knaben, die nicht schweigen |
Und nicht ruhig sitzen können; |
10 Was die Zwerge mir vertrauten, |
Die in fernen Waldrevieren |
Still in Spalten und in Klüften |
Ihren kleinen Haushalt führen; |
11 Was auf mondbeglänztem Anger |
Ich die Elben lispeln hörte; |
Was mich des ergrauten Steines |
Moosumgrünte Inschrift lehrte; |
12 Dies und was ich las in staub’gen |
Lederbänden und in alten |
Halberloschnen Pergamenten, |
Will zum Liede sich gestalten. |
13 Nebelbilder steigen dämmernd |
Aus der Vorzeit dunklen Tagen; |
Wispern hör’ ich ihre Stimmen, |
Freudenlaute, Zürnen, Klagen. |
14 Männer, die vor tausend Sommern |
Durch den Nethegau geschritten, |
Heidenleute, Christenleute, |
Was sie lebten, was sie litten; |
15 Eines Sachsenjünglings Kämpfe |
Mit dem Landesfeind, dem Franken, |
Und in eigner Brust die schwersten |
Mit den eigenen Gedanken; |
16 Einer Jungfrau stilles Weinen, |
Einer Greisin finstres Grollen, |
Runensang und Racherufe, |
Die aus Weibermund erschollen; |
17 Frommer Mönche weises Walten |
Im Konvent zu Dreizehnlinden, |
Sanft bemüht durch Lieb’ und Lehre |
Trotz und Wahn zu überwinden; |
18 Ihr Hymnen, gottesfrohe, |
Die bei Tag und Nacht erklangen, |
Die den Sieg des Christenkreuzes |
Jubelnd in die Berge sangen; |
19 Und darein des Waldes Rauschen |
Und dazu der Brandung Stöhnen: |
Alles will zu einem Liede |
Dumpf und hell zusammentönen. |
20 Sei’s, und sei es euch gesungen, |
Die ihr wohnt an Ems und Lippe, |
Ruhr und Diemel, Neth’ und Emmer: |
Alle seid ihr edler Sippe; |
21 Alle sprecht ihr eine Sprache, |
Frommer Mutter biedre Söhne, |
Ob sie rauh im Waldgebirge, |
Weich in Sand und Heid’ ertöne. |
22 Kinder ihr der Sachsengaue, |
Nehmt das Beste, was ich habe: |
Gern gereicht, ist unverächtlich |
Auch des kleinern Mannes Gabe. |
23 Denkt, ich böt’ euch Heideblumen, |
Eine Handvoll, die ich pflückte, |
Als mit herbstlich gelben Laube |
Sich bereits der Osning schmückte. |
24 Rügt es nicht, wenn ich den Helden |
In der Heimat Farben male; |
Dünkt er manchmal euch ein Träumer, |
Nun, er war ja ein Westfale: |
25 Zäh, doch bildsam, herb, doch ehrlich, |
Ganz wie ihr und euresgleichen, |
Ganz vom Eisen eurer Berge, |
Ganz vom Holze eurer Eichen. |
26 Heut noch ist bei euch wie nirgend |
Väterbrauch und Art zu finden; |
Darum sei es euch gesungen, |
Dieses Lied von Dreizehnlinden. |
27 Doch ein Uhu murrt dawider: |
„Rauh sind deines Sanges Töne, |
Und der Netheborn, der dunkle, |
Deucht mir kein Hippokrene. |
28 Laß das Leiern, laß das Klimpern! |
O es schafft dir wenig Holdes; |
Beßres Klingen, bestes Klingen |
Scheint das Klingen mir des Goldes. |
29 Und die eigne Haut zu pflegen, |
Ist vor allem mir das erste; |
Bau im Garten deine Rüben, |
Bau im Felde deine Gerste! |
30 Laß die schimmligen Scharteken |
Unterm Kessel rasch verrauchen: |
Kohlen sind’s, die wir bedürfen, |
Dämpfe sind es, die wir brauchen!1) |
31 All den Wust papierner Träume, |
Grubenschätze, die vermodern, |
Daß sie endlich nützlich werden, |
Unterm Kessel laß sie lodern! |
32 Nur das Einmaleins soll gelten, |
Hebel, Walze, Rad und Hammer; |
Alles andre, öder Plunder, |
Flackre in der Feuerkammer. |
33 Mag es flackern, mag es flammen, |
Daß die Wasser sprühn und zischen |
Und der Welt zerrissne Stämme |
Hastig durcheinander mischen; |
34 Denn das große Ziel der großen |
Zukunft ist die Einerleiheit, |
Schrankenloseste Bewegung |
Ist die wahre Völkerfreiheit. |
35 Laß da Klimpern, laß das Leiern, |
Wer erfreut sich solchen Schalles? |
Beßres Klingen, bestes Klingen |
Ist das Klingen des Metalles.“ - |
36 Gelber Neidhart, alter Uhu, |
Wohl versteh’ ich deine Meinung: |
Bist du doch der seelenfrohen |
Gotterlösten Welt Verneinung! |
37 O du möchtest sie im Mörser |
Erst zerstäuben und zerreiben, |
Um in Tiegel und Retorte |
Dann den Geist ihr auszutreiben! |
38 O du würfst sie in die Arme |
Gern dem Moloch unsrer Tage, |
Daß sie ganz in Rauch zergehe |
Nach Sibyllenwort und Sage! |
39 Alte Uhu, gelber Neidhart, |
Mag’s dich ärgern und verdrießen: |
Dennoch grünt ein reicher Garten, |
Wo der Menschheit Rosen sprießen. |
40 Dennoch blüht die weiße Lilie, |
Und im Grottenheiligtume, |
In des Waldes fernstem Tale |
Träumt die stille blaue Blume. |
41 Dennoch klingt es aus den Lüften, |
Aus des Haines Dämmerungen, |
Und die Amsel hat ihr letztes |
Lied noch lange nicht gesungen; |
42 Und die Nachtigall im Busen, |
Sie wird jubeln, sie wird klagen |
Jeden Lenz, solang auf Erden |
Rosen glühn und Herzen schlagen. |
Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist Friedrich Wilhelm Weber (Frederiko Vilhelmo Vebero, *1813-12-25 - †1894-04.05). |
1) En la originalo tekstas tiu linio: Dämpfe sind’s, die wir gebrauchen! |