Christian Morgenstern, Wie kannst du nur am Morgen... |
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Wie kannst du nur am Morgen |
das Licht der Sonne borgen |
und leuchten wie sie selber schier - |
und dann, nach wenig Stunden, |
ist alles hingeschwunden |
und graue Nacht in dir! |
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Vergessen ist das Gute, |
das köstlich in dir ruhte, |
ein Grämling, blickst du freudeleer, |
verdrossen aus dem kleinen, |
unendlich kleinen Deinen |
auf alles um dich her. |
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O halte, Herz, die Wonne, |
der goldnen Morgensonne, |
die dir so süßen Tag gemacht, |
mit Angst und strengem Achten |
hoch über trübem Trachten |
doch fest bis in die Nacht! |
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Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist Christian Morgenstern (Kristiano Matenstelo, *1871-05-06 - †1914-03-31).
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