Matthias Claudius, Die Sternseherin |
|
Ich sehe oft um Mitternacht, |
wenn ich mein Werk getan, |
und niemand mehr im Hause wacht, |
die Stern am Himmel an. |
|
Sie gehn da, hin und her zerstreut, |
als Lämmer auf der Flur, |
in Rudeln auch und aufgereiht |
wie Perlen an der Schnur. |
|
Und funkeln alle weit und breit |
und funkeln rein und schön; |
ich seh die große Herrlichkeit |
und kann mich satt nicht sehn. |
|
Dann saget unterm Sternenzelt |
mein Herz mir in der Brust: |
Es gibt was Bessres in der Welt |
als all ihr Schmerz und Lust. |
|
Ich werf mich auf mein Lager hin |
und liege lange wach |
und suche es in meinem Sinn |
und sehne mich danach. |
|
Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist Matthias Claudius (*1740-08-15 - †1815-01-21). |