Poezio
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Verfasser  [Vorname] Titel Sprache Erscheinung Kennung letzte Änderung Ansicht
Manfred Retzlaff Dektritilio, ĉapitro 9, Sur arbaraj padoj Esperanto Arg-1174-582 2012-04-26 10:40 Manfred nur diese hinzufügen
Friedrich Wilhelm Weber * Dreizehnlinden, Kapitel 9, Auf Waldes Pfaden Deutsch Arg-1173-582 2012-04-26 10:14 Manfred nur diese entfernen

Friedrich Wilhelm Weber,
Dreizehnlinden, Kapitel 9, Auf Waldes Pfaden

 
1 Achtsam kann das Reh sich hüten
Vor des Bären plumper Tatze;
Schwerlich, bückt es sich zum Brunnen,
Vor dem Sprung der falschen Katze. -
 
2 Elmar, zieh den Gurt dir fester,
Wenn du gehst zum wilden Walde:
Schwarze Elben, schwärzre Menschen
Lauern an der Bergeshalde. -
 
3 Wilder Wald! Die müde Sonne
Ruht’ an nackten Felsenwänden,
Um den letzten blauen Glocken
Ihre letzte Gunst zu spenden.
 
4 Scharfes Schwirren durch die Wipfel
In dem herbstlich harten Laube
Und vom Buchenhang der kurze
Flügelschlag der Ringeltaube;
 
5 Dann am Ast des Spechtes Hacken,
Fern der schrille Schrei der Dohlen;
Dann ein langes schweres Seufzen
Wie des Berges Atemholen;
 
6 Dann um Enzian und Quendel
Wilder Bienen leises Summen;
Dann ein Habichtskreisch, und wieder
Tiefes Schweigen und Verstummen. -
 
7 Elmar, zieh den Gurt dir fester! -
Langsam schritt er durch die Gründe,
Menschenferne, wo geborgen
Sich begegnen Hirsch und Hinde.
 
8 Ging er auf der Spur des Wildes,
Um zur Lust ein Tier zu töten?
O, er wollt’ en heil’ger Stätte
Sich entsündigen und beten. -
 
9 Grüne Lichtung! In der Mitte
Stand die graue Donnereiche,
Riesenhaft vor allen Riesen
Auf und ab im Gaubereiche.
 
10 Hehr und breit wie Tempelhallen
Wölbte sich das Astgeschlinge,
Altgeweiht, von Frevlerhänden
Nie verletzt mit Beil und Klinge.
 
11 Denn nach Sag’ und Väterglauben
War sie eines Gottes Eigen,
Der da rauscht’ im dunkeln Wipfel,
Der da weht’ in Stamm und Zweigen.
 
12 Elmar nahte sonder Waffen,
Hänfne Schnur an beiden Händen;
Selbstlos, arm, freiwillig unfrei
Soll der Mensch sich aufwärts wenden.
 
13 Also mit gebeugtem Haupte
Stand er in des Gottes Frieden:
„Zürnst du, daß ich bei den Fremden
Deinen Dienst so lang gemieden?
 
14 O, ich höre, wie dein Unmut
Schilt und schauert durch die Blätter:
Wenn mich Erdgeborne hassen,
Seid mir hold, ihr guten Götter!
 
15 Lief ein Knab’ in Busch und Ranken,
Fortgelockt vom Vogelsange,
Kommt er heim mit wunden Füßen,
Zankt die Mutter, doch nicht lange.
 
16 Komm’ ich heim mit wundem Herzen,
Zürnen magst du, doch nicht grollen;
Wie ein heilig Wasser läutert
Tränenflut den Reuevollen.
 
17 Du, der Eine, den ich suche,
Du, der Ew’ge, der nicht altet,
Der in Huld der Sonne droben
Und der Menschenlose waltet;
 
18 Du, der dort im Wipfe säuselt,
Der in ahnungsvoller Nähe
Rätsel wispelt, die ich höre,
Deren Sinn ich nicht verstehe:
 
19 Bist du Wodan, bist du Donar?
Namen sind es leeren Schalles:
Du bist du, der Unerkannte,
Unbegriffne, Eins und Alles!
 
20 Hier, wo auf geweihtem Grunde
Du nur und der Wald mich hören,
Bring’ ich dar ein reines Opfer:
All mein Sehnen und Begehren!
 
21 All mein armes Glück, des Herzens
Wünsche, die mich von dir schieden,
Dürft’ ich auch Erfüllung hoffen,
Geb’ ich hin, gib du mir Frieden!
 
22 Gott, mein Gott, ich will entsagen!“ -
Horch, da knickt’ es in den Büschen,
Scharfes Klirren, Sehnenschwirren
Und Gezisch wie Schlangenzischen.
 
23 Elmar wankte; nah dem Herzen
Steckt’ ein Pfeil; die Viperzunge
Riß er aus, und in die Birken
Stürmt’ er wie der Wolf in Sprunge.
 
24 Schnelle Flucht und rasche Folge:
Jetzt! - er hielt ihn am Genicke:
„Königsbote, Meuchelmörder,
Du? - Das heiß’ ich Frankentücke!
 
25 Als zum offnen Kampf dich luden
Rab und ich auf Schwert und Lanze,
Drücktest du dich, feiger Prahler,
Hinter deiner Sendung Schanze,
 
26 Uns zum Heil: dein Blut, des Schurken,
Lautre Waffen mußt’ es schänden:
Geh, es mag ein Knecht dich würgen!
Geh, du magst am Zaun verenden!
 
27 Zittre nicht, schier möcht’ ich lachen;
Werde kühner; sieh, ich bleibe
Scheu wie einem Pestbefallnen,
Armer Mann, dir weit vom Leibe!
 
28 War kein Schalk so schlecht und käuflich,
Dunkelwerk für dich zu üben,
Daß du selbst mit ew’ger Schande
Deinen Wappenschild beschrieben?
 
29 Bist du stumm?“ - Mit irren Augen
Stand der Wicht, verstört und bange;
Seiner Hand entglitt der Bogen,
Alles Blut der hohlen Wange.
 
30 Stotternd rief er: „Falk, ich könnte
Dich auf Haut und Haar verklagen,
Dich auf Hals und Hand, du Stolzer!“
Elmar sprach: „Ich kann es tragen!“ -
 
31 „Kränkst du mich, den Königsboten,
Königsbann wird dich vernichten;
Unser ist die Macht im Lande!“
Elmar sprach: „Die Götter richten!
 
32 Heb dich fort!“ Der Frank entschlüpfte
Durchs Gebüsch mit heiserm Fluche,
Und der Schrei der wilden Katze
Kreitschte von der nächsten Buche.
 
Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist
Friedrich Wilhelm Weber (Frederiko Vilhelmo
Vebero, *1813-12-25 - †1894-04.05).