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Verfasser [Vorname] | Titel | Sprache | Erscheinung | Kennung | letzte Änderung | Ansicht |
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Johann Wolfgang von Goethe | * Hermann und Dorothea, Erster Gesang | Deutsch | Arg-332-167 | 2004-02-09 12:56 Manfred | nur diese entfernen | |
Benno Küster | Hermano kaj Doroteo, Unua kanto [-] | Esperanto | 1911 | Arg-333-167 | 2004-09-15 16:22 Manfred | nur diese entfernen |
Johann Wolfgang von Goethe, | Johann Wolfgang von Goethe, | |
übersetzt von Benno Küster | ||
Erster Gesang: Kalliope, Schicksal und Anteil | Unua kanto: Kaliopo. Sorto kaj kompatemo | |
„Hab ich den Markt und die Straßen doch nie so einsam gesehen! | Argiope Information: | |
Ist doch die Stadt wie gekehrt! Wie ausgestorben! Nicht fünfzig | Aufgrund urheberrechtlicher Bedenken ist | |
Deucht mir, blieben zurück von allen ihren Bewohnern. | die Anzeige dieser Version unterbunden. | |
Was die Neugier nicht tut! So rennt und läuft nun ein jeder, | ||
Um den traurigen Zug der armen Vertriebnen zu sehen. | ||
Bis zum Dammweg, welchen sie ziehn, ist’s immer ein Stündchen, | ||
Und da läuft man hinab, im heißen Staube des Mittags. | ||
Möcht’ ich mich doch nicht rühren vom Platz, um zu sehen das Elend | ||
Guter fliehender Menschen, die nun, mit geretteter Habe, | ||
Leider, das überrheinische Land, das schöne, verlassend, | ||
Zu uns herüberkommen und durch den glücklichen Winkel | ||
Dieses fruchtbaren Tals und seiner Krümmungen wandern. | ||
Trefflich hast du gehandelt, o Frau, dass du milde den Sohn fort | ||
Schicktest, mit altem Linnen und etwas Essen und Trinken, | ||
Um es den Armen zu spenden; denn Geben ist Sache des Reichen. | ||
Was der Junge doch fährt! Und wie er bändigt die Hengste! | ||
Sehr gut nimmt das Kütschchen sich aus, das neue; bequemlich | ||
Säßen viere darin, und auf dem Bocke der Kutscher. | ||
Diesmal fuhr er allein; wie rollt’ es leicht um die Ecke!“ | ||
So sprach unter dem Tore des Hauses sitzend am Markte, | Übersetzung des deutschen Gedichtes "Hermann und Dorothea, Erster Gesang" von Johann Wolfgang von Goethe (*1749-08-28 - †1832-03-22) ins Esperanto durch Benno Küster (*1861-07-09 - †1916-10-24) in 1911. | |
Wohlbehaglich, zur Frau der Wirt zum Goldenen Löwen. | ||
Und es versetzte darauf die kluge, verständige Hausfrau: | ||
„Vater, nicht gerne verschenk’ ich die abgetragene Leinwand; | ||
Denn sie ist zu manchem Gebrauch und für Geld nicht zu haben, | ||
Wenn man ihrer bedarf. Doch heute gab ich so gerne | ||
Manches bessere Stück an Überzügen und Hemden; | ||
Denn ich hörte von Kindern und Alten, die nackend dahergehn. | ||
Wirst du mir aber verzeihn? Denn auch dein Schrank ist geplündert. | ||
Und besonders den Schlafrock mit indianischen Blumen, | ||
Von dem feinsten Kattun, mit feinem Flanelle gefüttert, | ||
Gab ich hin; er is dünn und alt und ganz aus der Mode.“ | ||
Aber es lächelte drauf der treffliche Hauswirt und sagte: | ||
„Ungern vermiss’ ich ihn doch, den alten kattunenen Schlafrock, | ||
Echt ostindischen Stoffs; so was kriegt man nicht wieder. | ||
Wohl, ich trug ihn nicht mehr. Man will jetzt freilich, der Mann soll | ||
Immer gehn im Surtout und in der Pekesche sich zeigen, | ||
Immer gestiefelt sein; verbannt ist Pantoffel und Mütze.“ | ||
„Siehe!“ versetzte die Frau, „dort kommen schon einige wieder, | ||
Die den Zug mit gesehn; er muss doch wohl schon vorbei sein. | ||
Seht, wie allen die Schuhe so staubig sind! Wie die Gesichter | ||
Glühen! Und jeglicher führt das Schnupftuch und wischt sich den Schweiß ab. | ||
Möchte’ ich doch auch in der Hitze nach solchem Schauspiel so weit nicht | ||
Laufen und leiden! Fürwahr, ich habe genug vom Erzählen.“ | ||
Und es sagte darauf der gute Vater mit Nachdruck: | ||
„Solch ein Wetter ist selten zu solcher Ernte gekommen, | ||
Und wir bringen die Frucht herein, wie das Heu schon herein ist, | ||
Trocken; der Himmel ist hell, es ist kein Wölkchen zu sehen, | ||
Und von Morgen wehet der Wind mit lieblicher Kühlung. | ||
Das ist beständiges Wetter! Und überreif ist das Korn schon; | ||
Morgen fangen wir an zu schneiden die reichliche Ernte.“ | ||
Als er so sprach, vermehrten sich immer die Scharen der Männer | ||
Und der Weiber, die über den Markt sich nach Hause begaben; | ||
Und so kam auch zurück mit seinen Töchtern gefahren | ||
Rasch an die andere Seite des Markts, der begüterte Nachbar, | ||
An sein erneuertes Haus, der erste Kaufmann des Ortes, | ||
Im geöffneten Wagen (er war in Landau gefertigt). | ||
Lebhaft wurden die Gassen; denn wohl war bevölkert das Städtchen, | ||
Mancher Fabriken befliss man sich da, und manches Gewerbes. | ||
Und so saß das trauliche Paar, sich unter dem Torweg | ||
Über das wandernde Volk mit mancher Bermerkung ergötzend. | ||
Endlich aber begann die würdige Hausfrau und sagte: | ||
„Seht! Dort kommt der Prediger her, es kommt auch der Nachbar | ||
Apotheker mit ihm: die sollen uns alles erzählen, | ||
Was sie draußen gesehn und was zu schauen nicht froh macht.“ | ||
Freundlich kamen heran die beiden und grüßten das Ehpaar, | ||
Setzten sich auf die Bänke, die hölzernen, unter dem Torweg, | ||
Staub von den Füßen schüttelnd, und Luft mit dem Tuche sich fächelnd. | ||
Da begann dann zuerst, nach wechselseitigen Grüßen, | ||
Der Apotheker zu sprechen und sagte, beinahe verdrießlich: | ||
„So sind die Menschen fürwahr! Und einer ist doch wie der andre, | ||
Dass er zu gaffen sich freut, wenn den Nächsten ein Unglück befället! | ||
Läuft doch ein jeder, die Flamme zu sehn, die verderblich emporschlägt, | ||
Jeder den armen Verbrecher, der peinlich zum Tode geführt wird. | ||
Jeder spaziert nun hinaus, zu schauen der guten Vertriebnen | ||
Elend, und niemand bedenkt, dass ihn das ähnliche Schicksal | ||
Auch, vielleicht zunächst, betreffen kann, oder doch künftig. | ||
Unverzeihlich find ich den Leichtsinn; doch liegt er im Menschen.“ | ||
Und es sagte darauf der edle verständige Pfarrherr, | ||
Er, die Zierde der Stadt, ein Jüngling näher dem Manne. | ||
Dieser kannte das Leben und kannte der Hörer Bedürfnis, | ||
War vom hohen Werte der heiligen Schriften durchdrungen, | ||
Die uns der Menschen Geschick enthüllen und ihre Gesinnung; | ||
Und so kannt’ er auch wohl die besten weltlichen Schriften. | ||
Dieser sprach: „Ich tadle nicht gern, was immer dem Menschen | ||
Für unschädliche Triebe die gute Mutter Natur gab; | ||
Denn was Verstand und Vernunft nicht immer vermögen, vermag oft | ||
Solch ein glücklicher Hang, der unwiderstehlich uns leitet. | ||
Lockte die Neugier nicht den Menschen mit heftigen Reizen, | ||
Sagt! erführ er wohl je, wie schön sich die weltlichen Dinge | ||
Gegeneinander verhalten? Denn erst verlangt er das Neue, | ||
Suchet das Nützliche dann mit unermüdetem Fleiße; | ||
Endlich begehrt er das Gute, das ihn erhebet und wert macht. | ||
In der Jugend ist ihm ein froher Gefährte der Leichtsinn, | ||
Der die Gefahr ihm verbirgt und heilsam geschwinde die Spuren | ||
Tilget des schmerzlichen Übels, sobald es nur irgend vorbeizog. | ||
Freilich ist er zu preisen, der Mann, dem in reiferen Jahren | ||
Sich der gesetzte Verstand aus solchem Frohsinn entwickelt, | ||
Der im Glück wie im Unglück sich eifrig und tätig bestrebet; | ||
Denn das Gute bringt er hervor und ersetzet den Schaden.“ | ||
Freundlich begann sogleich die ungeduldige Hausfrau: | ||
„Saget uns, was ihr gesehn; denn das begehrt’ ich zu wissen.“ | ||
„Schwerlich“, versetzte darauf der Apotheker mit Nachdruck, | ||
„Werd ich so bald mich freun nach dem, was ich alles erfahren. | ||
Und wer erzählet es wohl, das mannigfaltigste Elend! | ||
Schon von ferne sahn wir den Staub, noch eh’ wir die Wiesen | ||
Abwärts kamen; der Zug war schon von Hügel zu Hügel | ||
Unabsehlich dahin, man konnte wenig erkennen. | ||
Als wir nun aber den Weg, der quer durch das Tal geht, erreichten, | ||
War Gedräng’ und Getümmel noch groß der Wandrer und Wagen. | ||
Leider sahen wir noch genug der Armen vorbeiziehn, | ||
Konnten einzeln erfahren, wie bitter die schmerzliche Flucht sei, | ||
Und wie froh das Gefühl des eilig geretteten Lebens. | ||
Traurig war es zu sehn, die mannigfaltige Habe, | ||
Die ein Haus nur verbirgt, das wohlversehne, und die ein | ||
Guter Wirt umher an die rechten Stellen gesetzt hat, | ||
Immer bereit zum Gebrauche, denn alles ist nötig und nützlich, | ||
Nun zu sehn das alles, auf mancherlei Wagen und Karren | ||
Durcheinnder geladen, mit Übereilung geflüchtet. | ||
Über dem Schranke lieget das Sieb und die wollene Decke, | ||
In dem Backtrog das Bett und das Leintuch über dem Spiegel. | ||
Ach! und es nimmt die Gefahr, wie wir beim Brande vor zwanzig | ||
Jahren auch wohl gesehn, dem Menschen alle Besinnung, | ||
Dass er das Unbedeutende fasst und das Teure zurücklässt. | ||
Also führten auch hier, mit unbesonnener Sorgfalt, | ||
Schlechte Dinge sie fort, die Ochsen und Pferde beschwerend: | ||
Alte Bretter und Fässer, den Gänsestall und den Käfig. | ||
Auch so keuchten die Weiber und Kinder, mit Bündeln sich schleppend, | ||
Unter Körben und Bütten voll Sachen keines Gebrauches; | ||
Denn es verlässt der Mensch so ungern das Letzte der Habe. | ||
Und so zog auf dem staubigen Weg der drängende Zug fort, | ||
Ordnungslos und verwirrt. Mit schwächeren Tieren der eine | ||
Wünschte langsam zu fahren, ein andrer emsig zu eilen. | ||
Da entstand ein Geschrei der gequetschten Weiber und Kinder, | ||
Und ein Blöken des Viehes, dazwischen der Hunde Gebelfer, | ||
Und ein Wehlaut der Alten und Kranken, die hoch auf dem schweren | ||
Übergepackten Wagen saßen und schwankten. | ||
Aber, aus dem Gleise gedrängt, nach dem Rande des Hochwegs | ||
Irrte das knarrende Rad; es stürzt’ in den Graben das Fuhrwerk, | ||
Umgeschlagen, und weithin stürzten im Schwunge die Menschen, | ||
Mit entsetzlichem Schrein, in das Feld hin, aber doch glücklich. | ||
Später stürzten die Kasten und fielen näher dem Wagen. | ||
Wahrlich, wer im Fallen sie sah, der erwartete nun sie | ||
Unter der Last der Kisten und Schränke zerschmettert zu schauen. | ||
Und so lag zerbrochen der Wagen und hilflos die Menschen; | ||
Denn die übrigen gingen und zogen eilig vorüber, | ||
Nur sich selbst bedenkend und hingerissen vom Strome. | ||
Und wir eilten hinzu und fanden die Kranken und Alten, | ||
Die zu Haus und im Bett schon kaum ihr dauerndes Leiden | ||
Trügen, hier auf dem Boden beschädigt ächzen und jammern, | ||
Von der Sonne verbrannt und erstickt vom wogenden Staube.“ | ||
Und es sagte darauf gerührt der menschliche Hauswirt: | ||
„Möge doch Hermann sie treffen und sie erquicken und kleiden. | ||
Ungern würd’ ich sie sehn; mich schmerzt der Anblick des Jammers. | ||
Schon von dem ersten Bericht so großer Leiden gerühret, | ||
Schickten wir eilend ein Scherflein von unserem Überfluss, dass nur | ||
Einige würden gestärkt, und schienen uns selber beruhigt. | ||
Aber lasst uns nicht mehr die traurigen Bilder erneuern; | ||
Denn es beschleichet die Furcht gar bald die Herzen der Menschen, | ||
Und die Sorge, die mehr als selbst mir das Übel verhasst ist. | ||
Tretet herein in den hinteren Raum, das kühlere Sälchen. | ||
Nie scheint Sonne dahin, nie dringet wärmere Luft dort | ||
Durch die stärkeren Mauern; und Mütterchen bringt uns ein Gläschen | ||
Dreiundachtziger her, damit wir die Grillen vertreiben. | ||
Hier ist nicht freundlich zu trinken; die Fliegen umsummen die Gläser.“ | ||
Und sie gingen dahin und freuten sich alle der Kühlung. | ||
Sorgsam brachte die Muitter des klaren herrlichen Weines, | ||
In geschliffener Flasche auf blankem, zinnernem Runde, | ||
Mit den grünlichen Römern, den echten Bechern des Rheinweins. | ||
Und so sitzend umgaben die drei den glänzend gebohnten | ||
Runden brauen Tisch, er stand auf mächtigen Füßen. | ||
Heiter klangen sogleich die Gläser des Wirtes und Pfarrers; | ||
Doch unbeweglich hielt der dritte denkend das seine, | ||
Und es fordert’ ihn auf der Wirt mit freundlichen Worten: | ||
„Frisch, Herr Nachbar, getrunken! denn noch bewahrte vor Unglück | ||
Gott uns gnädig und wird auch künftig uns also bewahren. | ||
Denn wer erkennet es nicht, dass seit dem schrecklichen Brande, | ||
Da er so hart uns gestraft, er uns nun beständig erfreut hat | ||
Und beständig beschützt, so wie der Mensch sich des Auges | ||
Köstlichen Apfel bewahrt, der vor allen Gliedern ihm lieb ist. | ||
Sollt’ er fernerhin nicht uns schützen und Hilfe bereiten? | ||
Denn man sieht es erst recht, wieviel er vermag, in Gefahren; | ||
Sollt’ er die blühende Stadt, die er erst durch fleißige Bürger | ||
Neu aus der Asche gebaut und dann sie reichlich gesegnet, | ||
Jetzo wieder zerstören und alle Bemühung vernichten?“ | ||
Heiter sagte darauf der treffliche Pfarrer und milde: | ||
„Haltet am Glauben fest und fest an dieser Gesinnung; | ||
Denn sie macht im Glücke verständig und sicher, im Unglück | ||
Reicht sie den schönsten Trost und belebt die herrlichste Hoffnung.“ | ||
Da versetzte der Wirt mit männlichen, klugen Gedanken: | ||
„Wie begrüßt’ ich so oft mit Staunen die Fluten des Rheinstroms, | ||
Wenn ich, reisend nach meinem Geschäft, ihm wieder mich nahte! | ||
Immer schien er mir groß und erhob mir Sinn und Gemüte; | ||
Aber ich konnte nicht denken, das bald sein liebliches Ufer | ||
Sollte werden ein Wall, um abzuwehren den Franken, | ||
Und sein verbreitetes Bett ein allverhindernder Graben. | ||
Seht, so schützt die Natur, so schützen die wackeren Deutschen | ||
Und so schützt uns der Herr; wer wollte töricht verzagen? | ||
Müde schon sind die Streiter und alles deutet auf Frieden. | ||
Möge doch auch, wenn das Fest, das lang erwünschte gefeiert | ||
Wird in unserer Kirche - die Glocke dann tönt zu der Orgel, | ||
Und die Trompete schmettert, das hohe ‚Tedeum’ begleitend – | ||
Möge mein Hermann doch auch an diesem Tage, Herr Pfarrer, | ||
Mit der Braut, entschlossen, vor Euch am Altare sich stellen, | ||
Und das glückliche Fest, in allen Landen begangen, | ||
Auch mir künftig erscheinen, der häuslichen Freuden ein Jahrstag! | ||
Aber ungern seh ich den Jüngling, der immer so tätig | ||
Mir in dem Hause sich regt, nach außen langsam und schüchtern. | ||
Wenig finder er Lust, sich unter Leuten zu zeigen; | ||
Ja, er vermeidet sogar der jungen Mädchen Gesellschaft | ||
Und den fröhlichen Tanz, den alle Jugend begehret.“ | ||
Also sprach er und horchte. Man hörte der stampfenden Pferde | ||
Fernes Getöse sich nahn, man hörte den rollenden Wagen, | ||
Der mit gewaltiger Eile nun donnert’ unter dem Torweg. | ||
Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist Johann Wolfgang von Goethe (*1749-08-28 - †1832-03-22). |