Heinrich Heine, Buch der Lieder, Junge Leiden, V |
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Schöne Wiege meiner Leiden, |
Schönes Grabmal meiner Ruh, |
Schöne Stadt, wir müssen scheiden, - |
Lebe wohl! ruf ich dir zu. |
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Lebe wohl, du heilge Schwelle, |
Wo da wandelt Liebchen traut; |
Lebe wohl! du heilge Stelle, |
Wo ich sie zuerst geschaut. |
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Hätt ich dich doch nie gesehen, |
Schöne Herzenskönigin! |
Nimmer war es dann geschehen, |
Daß ich jetzt so elend bin. |
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Nie wollt ich dein Herze rühren, |
Liebe hab ich nie erfleht; |
Nur ein stilles Leben führen |
Wollt ich, wo dein Odem weht. |
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Doch du drängst mich selbst von hinnen, |
Bittre Worte spricht dein Mund; |
Wahnsinn wühlt in meinen Sinnen, |
Und mein Herz ist krank und wund. |
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Und die Glieder matt und träge |
Schlepp ich fort am Wanderstab, |
Bis mein müdes Haupt ich lege |
Ferne in ein kühles Grab. |
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Verfasser dieses deutschen Gedichtes ist Heinrich Heine (*1797-12-13 - †1856-02-17). |