Conrad Ferdinand Meyer, Friede auf Erden |
|
Da die Hirten ihre Herde |
Ließen und des Engels Worte |
Trugen durch die niedre Pforte |
Zu der Mutter und dem Kind, |
Fuhr das himmlische Gesind |
Fort im Sternenraum zu singen, |
Fuhr der Himmel fort zu klingen: |
"Friede, Friede auf der Erde!" |
|
Seit die Engel so geraten, |
O wie viele blut'ge Taten |
Hat der Streit auf wildem Pferde, |
Der geharnischte, vollbracht! |
In wie mancher Heil'gen Nacht |
Sang der Chor der Geister zagend, |
Dringlich flehend, leis' verklagend: |
"Friede, Friede ... auf der Erde!" |
|
Doch es ist ein ew'ger Glaube, |
Dass der Schwache nicht zum Raube |
Jeder frechen Mordgebärde |
Werde fallen allezeit: |
Etwas wie Gerechtigkeit |
Webt und wirkt in Mord und Grauen |
Und ein Reich will sich erbauen, |
Das den Frieden sucht der Erde. |
|
Mählich wird es sich gestalten, |
Seines heil'gen Amtes walten, |
Waffen schmieden ohne Fährde, |
Flammenschwerter für dae Recht, |
Und ein königlich Geschlecht |
Wird erblühn mit starken Söhnen, |
Dessen helle Tuben dröhnen: |
Friede, Friede auf der Erde! |
|
Author of this German poem is Conrad Ferdinand Meyer (Konrado Ferdinando Majero, *1825-10-11 - †1898-11-28). |