Gottfried Keller, Friede der Kreatur |
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Spinnen waren mir auch zuwider |
All meine jungen Jahre, |
Ließen sich von der Decke nieder |
In die Scheitelhaare, |
Saßen verdächtig in den Ecken |
Oder rannten, mich zu schrecken, |
Über Tischgefild und Hände, |
Und das Töten nahm kein Ende. |
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Erst als schon die Haare grauten, |
Begann ich sie zu schonen, |
Mit den ruhiger Angeschauten |
Brüderlich zu wohnen; |
Jetzt mit ihren kleinen Sorgen |
Halten sie sich still geborgen, |
Läßt sich einmal eine sehen, |
Lassen wir uns weislich gehen. |
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Hätt’ ich nun ein Kind, ein kleines, |
In väterlichen Ehren, |
Recht ein liebliches, ein feines, |
Würd’ ich’s mutig lehren, |
Spinnen mit den Händchen fassen |
Und sie freundlich zu entlassen; |
Früher lernt’ es, Friede halten, |
Als es mir gelang, dem Alten! |
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Author of this German poem is Gottfried Keller (Gotfrido Kelero, *1819-07-09 - †1890-07-16). |