Heinrich Heine, [Im nächtgen Traum hab ich mich selbst geschaut] |
|
(Aus „Junge Leiden – Traumbilder“, III) |
|
Im nächtgen Traum hab ich mich selbst geschaut, |
In schwarzem Galafrack und seidner Weste, |
Manschetten an der Hand, als gings zum Feste, |
Und vor mir stand mein Liebchen, süß und traut. |
|
Ich beugte mich und sagte: »Sind Sie Braut? |
Ei! ei! so gratulier ich, meine Beste!« |
Doch fast die Kehle mir zusammenpreßte |
Der langgezogne, vornehm kalte Laut. |
|
Und bittre Tränen plötzlich sich ergossen |
Aus Liebchens Augen, und in Tränenwogen |
Ist mir das holde Bildnis fast zerflossen. |
|
O süße Augen, fromme Liebessterne, |
Obschon ihr mir im Wachen oft gelogen, |
Und auch im Traum, glaub ich euch dennoch gerne! |
|
Author of this German poem is Heinrich Heine (*1797-12-13 - †1856-02-17). |