Heinrich Heine, Buch der Lieder, Traumbilder, X |
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Da hab ich viel blasse Leichen |
Beschworen mit Wortesmacht; |
Die wollen nun nicht mehr weichen |
Zurück in die alte Nacht. |
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Das zähmende Sprüchlein vom Meister |
Vergaß ich vor Schauer und Graus; |
Nun ziehn die eignen Geister |
Mich selber ins neblichte Haus. |
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Laßt ab, ihr finstern Dämonen! |
Laßt ab, und drängt mich nicht! |
Noch manche Freude mag wohnen |
Hier oben im Rosenlicht. |
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Ich muß ja immer streben |
Nach der Blume wunderhold; |
Was bedeutet' mein ganzes Leben, |
Wenn ich sie nicht lieben sollt? |
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Ich möcht sie nur einmal umfangen |
Und pressen ans glühende Herz! |
Nur einmal auf Lippen und Wangen |
Küssen den seligsten Schmerz! |
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Nur einmal aus ihrem Munde |
Möcht ich hören ein liebendes Wort - |
Alsdann wollt ich folgen zur Stunde |
Euch, Geister, zum finsteren Ort. |
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Die Geister habens vernommen, |
Und nicken schauerlich. |
Feins Liebchen, nun bin ich gekommen; |
Feins Liebchen, liebst du mich? |
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Author of this German poem is Heinrich Heine (*1797-12-13 - †1856-02-17). |