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Manfred Retzlaff | Dektritilio, ĉapitro 8, La druidino | Esperanto | Arg-1171-580 | 2012-04-26 09:51 Manfred | only this add | |
Friedrich Wilhelm Weber | * Dreizehnlinden, Kapitel 8, Die Drude | German | Arg-1170-580 | 2012-04-22 15:33 Manfred | only this remove |
Friedrich Wilhelm Weber, |
1 Stille Nacht im tiefen Walde! |
Um der Birken weiße Rinde, |
Um der Erlen dunkle Stämme |
Floß das Mondlicht weich und linde. |
2 Nur der Bach im Grunde schwatzte, |
Von Gesträuch und Ried umdüstert, |
Wie ein Kind im halben Schlummer |
Mit sich selber spricht und flüstert. |
3 Und dazwischen klang der Ente |
Heisrer Ruf vom fernen Teiche, |
Und zuweilen auf den Rasen |
Fiel die braune Frucht der Eiche. |
4 Und der Dachs, der frömmste Klausner |
Von den Waldbewohnern allen, |
Streifte scheu, die Lichtung meidend, |
Durch der Buchen finstre Hallen. |
5 Dort am Hang, zum Nord gerichtet, |
Fern den Straßen und den Steigen, |
Lag verloren eine Höhle |
In der Wildnis ödem Schweigen, |
6 Weit und endlos; nach der Sage |
Einst bewohnt von klugen Schmieden, |
Zwerggeschlecht, das ausgewandert, |
Jetzt verrufen und gemieden. |
7 Schaurig war die Kluft, von rauhen |
Felsenknorren überhangen; |
Um das Torgewölbe schlichen |
Efeuranken, grüne Schlangen; |
8 Schlangen krochen durch die Spalten, |
Schwarze Schlangen, Wurzelknoten, |
Wo die greise Drude hauste, |
Weltvergessen wie die Toten, |
9 Einsam mit dem treuen Hunde, |
Einsam mit den alten Göttern, |
Die zu ihr in Vogelstimmen |
Sprachen und in Sturmeswettern. |
10 An der Quelle vor der Grotte |
Saß sie regungslos gekauert, |
Wie ein graues Steingebilde |
Über einem Grabe trauert. |
11 Von der Achsel hing ein dunkles |
Ottervlies zur Hüfte nieder, |
Ein Gewand von weißer Wolle |
Hüllte faltenreich die Glieder. |
12 Träumend saß sie; in der Linken |
Lag die Stirne, ernst und edel, |
Tief gefurcht; die Rechte ruhte |
Auf des Hundes breitem Schädel. |
13 Sinnend saß sie, eine Norne, |
eine von en finstern Frauen, |
Die den Born des Wissens schöpfen |
Und den Gang der Zeiten schauen. |
14 Schweiften zu entflohnen Tagen |
Rückwärts eilend die Gedanken, |
Beßre Zeit, eh welsche Rosse |
Aus den Sachsenbächen tranken? |
15 Was die Seele ihr bewegte, |
War’s der Gegenwart Bedrängnis? |
Lag vor ihren Seherblicken |
Drohend künftiges Verhängnis? |
16 Doch ihr Wächter knurrt’, es glommen |
Grünlich seine Augensterne; |
Durch des Waldes tiefe Stille |
Hallten Schritte aus der Ferne; |
17 Männerschritte: Elmar nahte; |
Vor der Drude blieb er stehen; |
Gruß und Gegengruß: „Was willst du?“ |
Sprach sie, ohne aufzusehen. |
18„Swanahild, du weise Waldfrau, |
Länger als seit drei Geschlechtern |
Warst du hold dem Stamm der Falken, |
Seinen Söhnen, seinen Töchtern. |
19 Längst zu Wodan und zu Freia |
Heimgefahren sind sie alle: |
Öde steht mein Haus am Hügel, |
Einsam bin ich in der Halle.“ |
20 „Junger Falk, der Weg ist offen, |
Der den Freund zum Freunde leitet; |
Gras und Dorn und Ranken wuchern |
Auf dem Pfad, den niemand schreitet. |
21 „Junger Falk, seit manchen Monden |
Flogst du nicht zu meinem Grunde; |
Fürchtest du des Tages Augen, |
Daß du kommst zu nächt’ger Stunde? |
22 Dort am Stein, zur Sonnenwende, |
Sah ich dich zum letzten Male, |
Doch vernahm ich wohl von deinem |
Flügelschlag im Frankensaale, |
23 Und wie du dein glatt Gefieder |
Arg versengtest in den Flammen.“ - |
„Willst du das, was mir und jedem |
Menschenpflicht gebeut, verdammen?“ |
24 „Ich verdamme nicht, ich lobe |
Edle Tat; indes ich meine, |
Was dich trieb in Rauch und Gluten, |
War nicht Menschenpflicht alleine. |
25 Freier Jäger ward zur Beute, |
Wilder Falk, er ließ sich zähmen, |
Blenden mit der Lederkappe, |
Mit der Riemenkette lähmen.“ |
26 „Sei nicht unhold, strenge Mutter; |
Schmach und Unbill zur Genüge |
Widerfuhr mir bei den andern: |
Sei nicht herb und laß die Rüge!“ |
27 „Weiland rangst du mit dem Bären |
Und zerknicktest ihm die Knochen: |
Hat dich jetzt beim Blumenbrechen, |
Feiner Knab’, ein Wurm gestochen? |
28 Hat, mit dem du lange spieltest, |
Endlich dich gekratzt das Kätzchen, |
Und nun siehst du, armer Junge, |
Weinend auf dein wundes Tätzchen?“ |
29 „Mutter, scharf sind deine Worte, |
Schärfer als des Schwertes Hiebe; |
Doch vernimm: in meiner Seele |
Hadern zornig Haß und Liebe. |
30 Sprechen muß ich oder sterben! |
Was ich lange stumm getragen, |
Einem muß ich’s, und von allen |
Dir nur, Mutter, kann ich’s klagen. |
31 Gib mir Rat, du weise Wala, |
Kluge Idis, hilf dem Kranken: |
Die ich lieb’, ist eine Christin |
Und die Tochter eines Franken!“ |
32 Und die Drude, aufgerichtet |
Ihres Leibes Riesenlänge, |
Seufzte tief, und beide Hände |
Hebend, sprach sie schmerzlichstrenge: |
33 „Elmar, geh, du bist verloren! |
Stünd’ in Brand dir Saal und Scheuer, |
Minder wäre dir verderblich |
Jene Glut als dieses Feuer. |
34 Geh: du gehst zum schwarzen Grafen, |
Geh: du gehst zum Sachsenhasser, |
Beugst dem Kreuz den stolzen Nacken, |
Beugst den Kopf dem Christenwasser. |
35 Hast du unsrer blonden Jungfraun |
Keine wert genug gehalten, |
Deines Hofes, deiner Halle, |
Deines Herdes fromm zu walten?“ |
36 Er darauf: „Die Göttermutter |
Wägt die Freuden und die Schmerzen; |
Wie der Wind die Wasserwellen |
Leitet sie die Menschenherzen. |
38 Denkst du nicht des alten Liedes, |
das wir oft gesungen haben, |
Wie einst Swanahild, die schöne, |
Weint’ um einen Wendenknaben, |
39 Weint’ um einen Wendenknaben, |
Der verging im Eis der Elbe? |
Lieb’ ich außerhalb des Stammes, |
Tat nicht Swanahild dasselbe?“ |
39 Traurig sank das Haupt der Alten: |
„Bitter ist es, lang zu leben; |
Dunkle Jahre, Reih’ an Reihe |
Les’ ich auf den Runenstäben; |
40 Älter als der Wald, ich kannte |
Schon als Eicheln jene Eichen, |
Graue Hünen, deren Häupter |
Jetzt bis in die Wolken reichen. |
41 Unverstanden wie die Sage, |
Überalt und fremd im Neuen, |
Gleich ich einem morschen Stumpfe |
Zwischen frühlingsgrünen Maien. |
42 Schlummerschwer sind meine Augen, |
Wandermüde meine Füße; |
Aus den Sachsengauen bring’ ich |
Wodan bald die letzten Grüße. |
43 Götterschicksal, Menschenschicksal |
Ist auf ew’gen Rat gegründet: |
Einer bleibt und herrscht. - Dir aber |
Hätt’ ich Beßres gern verkündet. |
44 Geh, ich höre meine Boten, |
Die sich in den Wipfeln regen: |
Auf des Waldes düstern Pfaden |
Tritt das Schicksal dir entgegen!“ - |
45 Elmar ging. - In Wolkenschleiern |
Hatte sich der Mond verborgen; |
Tropfen rauschten auf die Blätter, |
Grau und trübe kam der Morgen. |
46 Sonder Rat, mit schwerem Mute |
Schritt der Jüngling durch die Loden, |
Nie so einsam und vergessen, |
Nie so fremd auf eignem Boden. |
47 Was die Wala sprach, das dunkle |
Rätselwort, wie soll er’s fassen? |
Meint sie Götter, die ihm zürnen? - |
Meint sie Menschen, die ihn hassen? - |
48 Geh nur, Elmar; holde Mächte |
Sind dir nah auf allen Wegen: |
Auf des Waldes grünen Pfaden |
Tritt das Schicksal dir entgegen. |
Author of this German poem is Friedrich Wilhelm Weber (Frederiko Vilhelmo Vebero, *1813-12-25 - †1894-04.05). |